Ansprache zur Vesper am 16.Oktober 2005

175. Jahre Br. Jakobus

Liebe Mitbrüder, Liebe Gäste

Es soll einer alten monastischen Tradition entsprechen, dass vor wichtigen Entscheidungen der Abt neben seinem Rat auch den Jüngsten im Kloster, um seine Annsicht fragt. Wir haben uns am heutigen Tage hier versammelt, nicht um zu beratschlagen, sondern Gott DANKE zu sagen dass er uns seinen Diener, Bruder Jakobus voraus auf den Weg schickte. Gleichwohl mag die erwähnte Tradition mit der Grund sein, weshalb ich heute hier stehe. Möglich aber auch, dass die Vorbereitenden dieses Wort gerne abgegeben haben.

Im Zugehen auf dieses Fest, ich darf es offen zugeben, wurde mir einmal mehr deutlich wie wenig ich von Bruder Jakobus weiß. Ja, mir scheint fast, dass unser Stifter dadurch gefährdet ist, ein Opfer zu freier Interpretation zu werden. Für mich, für uns alle, heißt dies behutsam auf einen Mann zu zugehen, dessen stille Werke oftmals sich zwischen den wenigen Zeilen verbergen, die er uns hinterlassen hat.

Freilich fällt dies nicht leicht, nach einem solchen Feuerwerk von Psalmen und Hymnen das wir eben zur Ehre Gottes in den Himmel geschossen haben. Mit den Worten unseres Ordensvaters Franziskus und weiterer Dichter sagten wir nicht weniger als, so scheint es mir: wir sind auserwählt!

Wir sind auserwählt von Gott und für Gott! „Dein Wort hat mich getroffen… (im Hymnus zu mindest) und was tut der Mensch(?), wir sangen: „ich folgte dir.“ Im abgedruckten Responsorium verkündet Jesaja Gotteswort: „ich habe dich geformt nach meinem Bild, … gab dir einen Namen… mein Freund bist du und so unendlich kostbar.“

Deutlicher meine ich, deutlicher lässt es sich kaum sagen; wir sind tatsächlich ein auserwähltes Volk, das Volk Gottes. Das weiß schon Paulus wenn er den Kolossern schreibt: „Ihr seid von Gott geliebt, seid seine auserwählten Heiligen.“ [Kol 3.12a]

Ein tolles Gefühl, nicht wahr? Gerade in einer Zeit wie der unsrigen, wo Kirche nicht mehr so gefragt scheint, Glauben ins Private geschoben wird und Heerscharen sich von uns wenden. Wie Öl rinnen diese Sätze, wenn ich an Überalterung und Nachwuchssorgen in den Orden denke. Fast scheint mir, es böte sich an, hier einen „Ruck“ durch uns Christen gehen zu lassen. Dieses Abendgebet als Motivationsveranstaltung zu betrachten, um die Resignierten aufzurichten, die Müden auf zu scheuchen.

Nur, was hätte dies mit unserem Gründer zu tun? Wo könnten wir Wesenszüge von Bruder Jakobus erahnen? Vielleicht seinen Durchhaltewillen, das unbedingte Vertrauen in Gottes Pläne? Sein „Dranbleiben“, auch wenn vieles sich gegen seinen Weg zu stellen schien? Ich denke, ich sollte Ihnen noch eine andere Fortsetzung aufzeigen. Paulus möge mir dabei helfen. Im Zitat von eben, schreibt er: „Ihr seid von Gott geliebt, seid seine auserwählten Heiligen.“ Und er fährt fort: „ Darum bekleidet euch mit aufrichtigem Erbarmen, mit Güte, Demut, Milde, Geduld! Ertragt euch gegenseitig, und vergebt.“ [Kol 3.12+13a]

Ja, jetzt erkenne ich gut, dass ich bei der Auserwähltheit nicht stehen bleiben darf. So gebauchpinselt ich mich auch fühlte, so gerne ich mich in den Zusagen Gottes sonnen würde. Jede Auserwählung, jedes „beim Namen gerufen“ zu sein, birgt Verpflichtungen in sich, verlangt Folgen. Paulus zählt Erbarmen und Güte, Demut und Milde,  Geduld und Vergebung auf. Damit, so er, sollen wir uns kleiden. Ja, müssten wir uns eigentlich schon längst gekleidet haben. Denn, wie kann ich, der Freund Gottes, der Erwählte; wie kann ich diese Gnadenfülle, all diese Geschenke und Gaben vor meiner Mitwelt verschließen? Möglich dass Sie den Ausführung meines Vorredners lauschten, dann wird Ihnen dieser Gedankengang vertraut sein. Oder Sie erinnern sich an die Geschichte mit den Talenten, wo die einen geschäftstüchtig Gewinn erwirtschaften und der Verzagte die Möglichkeiten vergräbt. Vielleicht auch an den Schuldner, dem großzügig alles erlassen wurde; weil er aus seinem Glück jedoch nichts gelernt hat, wird er im Kerker dahin fristen. Eigentlich eine deutliche Sprache Jesu, welche der Auslegung kaum mehr bedarf.

Und wo, fragen sie mit Recht, wo bitte schön versteckt sich unser Jubilar? Wo soll Jakobus Wirth herauszuhören sein?

Drehen Sie doch mal ihr Liedheft. Betrachten Sie das Zitat auf der Rückseite. Bruder Jakobus sagt uns da: „Achtet darauf, dass ihr eifrig für die Ehre Gottes und das Wohl der Mitmenschen wirkt.“ Ich finde hier zwei Stränge: Gott und die Mitmenschen. Beide sollen in meinem Tun an erster Stelle stehen. Die Ehre Gottes bedenken wir soeben in diesem Abendlob; wir alle sind  auserwählt, Freunde Gottes. Wie der Mond in der Nacht dürfen wir Gottes Großartigkeit abstrahlen, wiedergeben oder weiter leuchten. Und wie der Apostel hinwies, so tut es auch der Ordensgründer Jakobus, jeder Erwählung folgt eine Wirkung: „das Wohl der Mitmenschen“ wie Bruder Jakobus es uns sagt. Oder um den Mond erneut zu bemühen, je mehr er angestrahlt wird, umso heller strahlt er wider.

So schlicht die Worte unseres Stifters auch da stehen, sie bergen für mich einen fast unheimlich kraftvollen Auftrag: einen scharfen und wachen Blick für die Gaben Gottes zu haben, die in meiner Verwaltung liegen.

Br. Michael FFSC

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