In Cruce Victoria

Einführung:

Liebe Schwestern und Brüder,

zusammen mit den Franziskanerbrüdern vom Hl. Kreuz heiße ich Sie alle sehr herzlich willkommen zur 2. Eucharistiefeier innerhalb des Triduums zur Vorbereitung auf die 175. Geburtstagsfeier von Bruder Jakobus Wirth.

In cruce victoria  - so steht als Überschrift über diesem Abend. Im Kreuz ist Sieg. Wir haben diesen Gottesdienst gerade mit dem Kreuzzeichen begonnen und uns unter dieses Zeichen gestellt. Das machen wir als Christinnen und Christen immer so – wir sind daran gewöhnt. Eigentlich müssten wir erschauern, denn das Kreuz, das ist ein Galgen, ausgedacht von Menschen, um andere Menschen hinzurichten, grausam zu Tode zu foltern.

Unser Herr Jesus Christus ist an einem solchen Galgen, an einem solchen Kreuz gestorben, hingerichtet worden – um ihn und seine Botschaft von einem Gott, dem die Liebe wichtiger ist als die Gesetze und die Barmherzigkeit wichtiger als die Opfer, aus der Welt zu schaffen. Ein Tod, der von den Feinden Jesu geschickt eingefädelt war; denn damit wollten sie beweisen, dass Jesus ein Nichts ist, dass er weder selbst Macht hat – noch dass da ein Gott ist, der ihm zur Seite steht.

Es bedarf schon eines entschiedenen Glaubens, um über diesen schmählichen Tod hinauszuschauen – um auch die Auferstehung zu sehen, den Sieg, den Sieg des Lebens über den Tod, den Sieg Gottes über all das, was ihm und seinem Leben entgegensteht. Als Paulus sich mit dieser Botschaft vom Kreuz und von der Auferstehung, mit seiner Botschaft vom Gekreuzigten und Auferstandenen auf den Weg machte, da stieß er nicht gerade auf Gegenliebe: Den Juden war es ein Ärgernis, denn einer, der am Kreuz geendet ist, der kann nicht Gottes Sohn sein; einen Gekreuzigten, den hat Gott fallen lassen, mit dem will Gott nichts zu tun haben.

Und die Heiden haben über ihn gelacht: Wie kann einer, der tot ist, leben?!  Wie kann einer, der am Kreuz hingerichtet wurde, auf einmal König und Herr sein.?!! Komm ein anderes Mal wieder und erzähl uns davon!

Es bedarf eines entschiedenen Glaubens, im Leben den Tod zu sehen und im Scheitern am Kreuz die Erlösung, den Sieg. Und es bedarf eines entschiedenen Glaubens, selbst sich selbst auf den Weg zu machen in der Nachfolge dieses Gekreuzigten und Auferstandenen, denn wer ihm konsequent nachfolgt, dem bleibt selbst das Kreuz nicht erspart.

Bruder Jakobus Wirth hat an diesen Herrn geglaubt und sich in diesem Glauben auf den Weg gemacht zu einer konsequenten Nachfolge. Dafür wollen wir heute danken.

Und über uns, die wir uns immer neu aufmachen, um auf unseren je eigenen Wegen dem Herrn nachzugehen, wollen wir das Erbarmen dessen erbitten, der am Kreuz gesiegt hat, damit wir das Leben haben.

Herr, erbarme dich!

Predigt: In Cruce Victoria --- Im Kreuz ist der Sieg

Liebe Schwestern und Brüder,

so lautet der Wahl- und Wappenspruch der Franziskanerbrüder vom Hl. Kreuz. Und Ihr Wappen zeigt das Kreuz, fest eingefügt in eine horizontale Linie, die wohl deutlich machen will, dass dieses Kreuz in der Welt und für die Welt aufgerichtet ist. Gekrönt ist dieses Wappen mit dem Bild der Kreuzkapelle, in der das Kreuz, das siegende und rettende Kreuz verehrt wurde und wird.

Im Kreuz ist Sieg. Oder wie wir in der Präfation nachher singen werden: Vom Baum des Paradieses kam der Tod, vom Baum des Kreuzes erstand das Leben. Der Feind, der am Holz gesiegt hat, wurde auch am Holze besiegt durch unseren Herrn Jesus Christus. Oder wie wir es etwas abgewandelt singen und bekennen: Im Kreuz ist Heil, im Kreuz ist Leben, im Kreuz ist Hoffnung.

Seinen Anfang nimmt dieser Sieg bereits im Ersten Testament, im Buch Numeri. Wir haben eben in der Lesung darauf gehört. Da wurde uns alte Israel vor Augen gestellt, Gottes auserwähltes Volk, eine heilige und geordnete Gemeinde --- aber eine Gemeinde, die auf ihrer Lebenswanderung in die Wüste geraten ist.

Diese Geschichte will uns sagen: Trotz aller Heiligkeit, die Gott diesem Volk geschenkt hat, und trotz allen guten Willens, dessen diese Gemeinde fähig ist,  --- der Glaube kann in Gefahr geraten. Wüsten, die gibt es überall: Im Leben eines Volkes, im Leben einer Gemeinde – und erst recht im Leben eines einzelnen Menschen. Da gibt es keine Sicherheiten. Und wenn das passiert, dann wächst die Verzweiflung – und dann werden die Schuldigen gesucht. Denn Schuld sind ja immer die anderen – bei Israel war es Mose, ja sogar Gott selbst – und wir finden ja auch immer einen, der Schuld ist an unserer Misere, an den Wüsten in unserem Leben.... Israel in der Wüste, mitten unter Giftschlangen. Ein Volk am Ende.

Aber diese Geschichte will uns noch etwas erzählen: Selbst wenn dieses ganze Volk am Ende ist, selbst wenn aller Mut, aller Glaube und alle Hoffnung zunichte sind – Gott lässt sein Volk nicht hängen, er lässt es nicht allein in seiner Wüste, nicht allein mit den Giftschlangen  – sondern er rettet.  Denn dieser Gott hat keine Freude am Untergang, keine Lust am Bestrafen, sondern er hat Freude am Leben.  Und so setzt er ein Zeichen, ein Hoffnungs-Zeichen, jene Signalstange mit dieser Schlange aus Kupfer. Und jeder, der dieses Zeichen, dieses Hoffnungs-Zeichen anschaut, der wird gerettet, der hat wieder Teil am Leben.

Liebe Schwestern und Brüder, ist das nicht sehr überraschend, was Gott da macht?! Was hätten wir mit diesem Volk gemacht?? Hätten wir es nicht erst einmal richtig bestraft?  Hätten wir ihm nicht erst mal eine richtige Bußpredigt gehalten und ihm eine gehörige Portion Bußwerke auferlegt – damit es mal zeigen kann, dass es auch wirklich was tut und sich bessern will???

Aber Gott macht das nicht. Keine besonderen religiösen Praktiken, die Gott fordert, keine rigorosen Bestimmungen, keine strengen Bußwerke, das einzige, was er verlangt, das ist eine Hin-Wendung, ein Hin-Wendung zu seinem Hoffnungszeichen, nur die erneute Zu-Wendung auf Ihn hin. Keine Opfer, sondern Liebe, keine Quälerei, sondern Zu-Neigung, Hin-Wendung zu Gott. Wer zu der Kupferschlange aufblickte, wer sich Gott zuwendete, der blieb am Leben.

Einige hundert Jahre greift der Evangelist Johannes genau diesen Gedanken wieder auf. Und er bestätigt: Gott tut wieder alles, um zu retten....um die zu retten, die in die Wüsten ihres Lebens geraten sind, um sein Volk herauszureißen aus dem Elend und der Sünde: So wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, ans Kreuz gehängt werden – damit jeder, der sich ihm zuwendet, jeder, der an ihn glaubt, in ihm das ewige Leben hat. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.

Liebe Schwestern und Brüder, da müssen wir gut hinhören: Unser Gott ist ein Retter-Gott und nicht ein Richter-Gott; einer, der nicht alles dransetzt, Menschen für das, was sie falsch gemacht haben und was ihnen in ihren Lebensentwürfen schief- und danebengegangen ist, zu bestrafen, sondern einer, der alles daransetzt, dass sie gerettet werden, das sie da wieder heil herauskommen. Kein Richter, sondern ein Retter, ein Heiland.

Das ist das großartige an unserem Christentum:  dass wir ein solch positives und hoffnungsvolles Gottesbild haben dürfen: Ein Gott, der selbst einspringt, um zu retten; ein Gott, der selbst ein Mensch wird, um uns Menschen ganz nahe zu sein, damit wir ihn besser verstehen können – und vielleicht auch, damit er uns besser verstehen kann. Ein Gott, der selbst stirbt, selbst ans Kreuz geht, damit es für uns zum Hoffungs- und Siegeszeichen, zum Heils-Zeichen werden kann – damit wir in ihm die Rettung, den Sieg und das Heil finden.

Von unserem verehrten und hochgeschätzten Altbischof Hermann Josef Spital haben ich gelernt, dass unser Christentum eine zutiefst therapeutische Religion ist; eine Religion, die gesund machen will, heil machen will. Und Christus selbst ist der Arzt, der Retter - durch das Kreuz. Denn im Kreuz ist Heil.

Aber auch hier müssen wir vorsichtig sein, damit wir nicht etwas missverstehen. Das Kreuz ist nicht Therapie für den Menschen, sondern das ist  sein Heilsmittel, sein Medikament für uns. SEIN Kreuz. Nicht wir müssen das Kreuz auf uns nehmen – sondern er hat es für uns getragen. Nicht wir müssen uns selbst erlösen und hochquälen, sondern er hat uns erlöst. Im Kreuz liegt Heil – aber nicht indem wir uns diese Kreuze suchen gehen und aufladen,  sondern indem wir uns Seinem Kreuz zuwenden – und daran glauben, dass er uns erlöst hat. Indem wir uns IHM selbst zuwenden, an ihn glauben, der da um unsretwillen am Kreuz erhöht ist.

Das ist das Evangelium, die Frohe Botschaft von Kreuz:

dass es nicht uns treffen will, sondern dass ER sich davon treffen ließ – damit wir das Heil finden – in ihm – und deshalb an ihm glauben.....

Aber nicht aus Angst, weil es sonst am Ende doch noch schlecht ausgehen könnte für uns, sondern aus Liebe, weil ER es so gut meint mit uns.

Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit sie durch ihn gerettet wird,

damit wir nicht zugrunde gehen, sondern das Leben haben, nicht nur ein bisschen, sondern ganz viel, die Fülle.

Das einzige, was notwendig ist, was wir wirklich tun müssen, dass ist unsere Hinkehr zu ihm, unsere Hin-Wendung zu ihm und zu seinem Kreuz, das durch ihn für uns zum Heils-Zeichen geworden ist.

Deshalb konnte unser neuer Papst Benedikt auch bei seiner Antrittspredigt sagen, dass wir vor Christus keine Angst haben müssen; denn er nimmt uns nichts, wenn wir uns ihm zuwenden, sondern er schenkt uns alles.

Nicht er will uns aufs Kreuz legen, sondern er hat sich für uns aufs Kreuz legen lassen – damit es durch IHN für uns zum Siegeszeichen werden konnte.

Amen

Rektor Richard Baus, St. Marienhaus Waldbreitbach

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Baus, Richard: geboren 1949 in Wiesbaden, Studium der Theologie und Philosophie in Trier und Münster / Westfalen, seit 1976 Priester der Diözese Trier, war Regionaldekan , Geistlicher Begleiter der kdf, heute Geistlicher Rektor der Waldbreitbacher Franziskanerinnen und Franziskanerbrüder vom Heiligen Kreuz.